Berliner Brücke

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Ein Schalke ohne Schranken

Jahrzehntelang ist Schalke geteilt: Die Gleise der Zeche Consolidation 1/6 trennen den Norden vom Süden. Wer vom Schalker Markt zur Kampfbahn Glückauf will, braucht Glück. Denn Bahnschranken versperren den Weg mehrmals am Tag. Erst mit der Berliner Brücke ist die Schalker Teilung endlich überwunden.
Menschen, eine Pferdekutsche und eine Straßenbahn überqueren einen geöffneten Bahnübergang.
Menschen, eine Pferdekutsche und eine Straßenbahn überqueren einen geöffneten Bahnübergang.

Verbindung zwischen Schalker Markt und Kampfbahn

Wenn die Menschen vom Schalker Markt zur Kampfbahn Glückauf wollten, mussten sie die Schienen der Zeche Consolidation überqueren.

Quelle: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Vor der geschlossenen Schranke eines Bahnübergangs warten ein Gruppe von etwa 40 Menschen und zwei Motoradfahrer. Dahinter staut sich eine Schlange Autos.
Vor der geschlossenen Schranke eines Bahnübergangs warten ein Gruppe von etwa 40 Menschen und zwei Motoradfahrer. Dahinter staut sich eine Schlange Autos.

Glück muss man haben

Da die Zechen Rohstoffe und ihre Erzeugnisse über die Schienen transportierten, standen die Menschen sehr oft vor den geschlossenen Schranken. Im Volksmund wurden sie deshalb "Glückauf-Schranken" genannt: Man musste Glück haben, dass sie offen sind.

Quelle: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Zwei Handwerker bringen auf zwei großen Schildern an einem Bürgersteig Informationstafeln den Bau der Berliner Brücke an. Auf der rechten steht: "Teil-Ansicht Hochstraße der König-Wilhelm-Straße". Zwei Männer im Anzug betrachten die linke Tafel. Zwei Männer in einfacher Kleidung laufen hinter den Handwerkern her. Im Hintergrund sind die Fördertürme der Zeche Consolidation 1/6 am Schalker Markt zu erkennen.
Zwei Handwerker bringen auf zwei großen Schildern an einem Bürgersteig Informationstafeln den Bau der Berliner Brücke an. Auf der rechten steht: "Teil-Ansicht Hochstraße der König-Wilhelm-Straße". Zwei Männer im Anzug betrachten die linke Tafel. Zwei Männer in einfacher Kleidung laufen hinter den Handwerkern her. Im Hintergrund sind die Fördertürme der Zeche Consolidation 1/6 am Schalker Markt zu erkennen.

Neue Verkehrsführung für Schalke

Nachdem Zweiten Weltkrieg wollte die Stadt Gelsenkirchen das Problem mit den Glückauf-Schranken beheben. Eine neue Brücke sollte es Fußgängern, Kraftverkehr und Straßenbahnen erlauben, die Gleise schnell und zuverlässig zu überqueren. Schilder am Schalker Markt informierten die Bevölkerung über die geplante Brücke.

Quelle: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Eine blumengeschmückte Straßenbahn der Linie 2 steht auf der fertiggestellten Hochbrücke Berliner Brücke. Um sie herum stehen Männer in Anzügen und zwei Angestellte der Bahngesellschaft. Sie sind an ihrer Dienstuniform und Dienstmütze zu erkennen.
Eine blumengeschmückte Straßenbahn der Linie 2 steht auf der fertiggestellten Hochbrücke Berliner Brücke. Um sie herum stehen Männer in Anzügen und zwei Angestellte der Bahngesellschaft. Sie sind an ihrer Dienstuniform und Dienstmütze zu erkennen.

Freigabe für den Straßenbahnverkehr

1964 wurde die Berliner Brücke für Straßenbahnen freigegeben. Das 22 Millionen Mark teure Bauwerk wurde ein Koloss aus Stahl und Beton. Die Berliner Brücke ist 750 Meter lang und 25 Meter breit.

Quelle: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Die Straße ist voll mit Menschen. Die Männer und Jungen tragen Anzüge, die Frauen festliche Kleider. Über ihnen hängt in etwa vier Metern Höhe der Schriftzug "Berliner Brücke".
Die Straße ist voll mit Menschen. Die Männer und Jungen tragen Anzüge, die Frauen festliche Kleider. Über ihnen hängt in etwa vier Metern Höhe der Schriftzug "Berliner Brücke".

Prominenter Taufvater

Die Brücke wurde offiziell am 8. Oktober 1964 eingeweiht. Ihren Namen erhielt die Berliner Brücke vom SPD-Politiker Willy Brandt. Er war zu diesem Zeitpunkt Bürgermeister von Berlin.

Quelle: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Von der Zeche Consolidation 1/6 hin und weg führt ein dicker Strang Gleise. Auf Höhe des Schalker Markts kreuzen die Schienen die König-Wilhelm-Straße. Um den Verkehrsfluss zu regeln, ist direkt am Markt ein beschrankter Bahnübergang. Oft müssen die Schalker an diese Schranken warten. Täglich fahren die Züge mit der Kohle von Consol hier durch. Im Volksmund heißen die Schranken nur die “Glückauf-Schranken”: Man muss Glück haben, dass sie auf sind. Oft verpassen arme Pechvögel den Anstoß in der Kampfbahn Glückauf, weil die Schranken unten sind. Doch heute sind die Schranken tatsächlich weg. 1964 wird eine neue Stahlhochstraße eröffnet. Etwas ungläubig laufen die Menschen nach der Eröffnung über die neue Brücke. Zum ersten Mal sehen sie das Schalker Herz von oben, dieses wirre Geflecht aus Öfen, Fördertürmen, Straßen, Wohnhäusern und vor allem: die Schienen von Consol. Die Glückauf-Schranken sind Geschichte. Willy Brandt tauft die Brücke ein Jahr später auf den Namen "Berliner Brücke".

Die Berliner Brücke sollte Gelsenkirchen und den Stadtteil Schalke in eine “autogerechte” Zukunft führen. Das Auto war immer verbreiteter, durch das Wirtschaftswunder konnten sich mehr Menschen einen fahrbaren Untersatz leisten. Zwischen 1950 und 1959 stieg die Zahl der zugelassenen Autos in der Bundesrepublik von 518.000 auf 3,5 Millionen. Ein Stück des alten Schalkes fiel dieser Veränderung zum Opfer: Die letzten prachtvollen Bauten an der Kaiserstraße mussten der neuen vierspurigen Straße weichen. Und der Schalker Markt verschwand völlig im Schatten des neuen Stahlkolosses.

Ansicht der Straße unter der Berliner Brücke am Schalker Markt. Erkennbar sind die grünen Stahlträger der Brücke. Unter ihr liegt eine verlassene Straße. An der Seite parken vereinzelt Autos.
Ansicht der Straße unter der Berliner Brücke am Schalker Markt. Erkennbar sind die grünen Stahlträger der Brücke. Unter ihr liegt eine verlassene Straße. An der Seite parken vereinzelt Autos.

Das Ende der Glückauf-Schranken

Mit dem Bau der Berliner Brücke endete auch die große Zeit des Schalker Markts. Heute fließt an der Stelle der ehemaligen Glückauf-Schranken kein Verkehr mehr. Nur noch vereinzelte Autos parken hier.

Quelle: Olivier Kruschinski

Eine in der Straße eingebettete Schiene der ehemaligen Zechenbahn der Zeche Consolidation 1/6 endet an einer Mauer am Schalker Markt. Darüber verläuft die Berliner Brücke.
Eine in der Straße eingebettete Schiene der ehemaligen Zechenbahn der Zeche Consolidation 1/6 endet an einer Mauer am Schalker Markt. Darüber verläuft die Berliner Brücke.

Das Ende der Schiene

Ihren ursprünglichen Zweck hat die Berliner Brücke verloren. Die Bahnen der Zeche Consolidation 1/6 fahren hier schon lange nicht mehr. Die alten Schienen sind noch erkennbar. Sie enden aber an einer Mauer unter der Brücke.

Quelle: Olivier Kruschinski

Unteransicht der Berliner Brücke. Unter ihr liegen drei Schienenstränge. Sie kreuzen den Verlauf der Brückenfahrbahn.
Unteransicht der Berliner Brücke. Unter ihr liegen drei Schienenstränge. Sie kreuzen den Verlauf der Brückenfahrbahn.

Bahnstrecke zwischen Schalke und Bismarck

Diese Bahnstrecke verband früher die Bahnhöfe Gelsenkirchen-Bismarck und Gelsenkirchen-Schalke. In den 1970er-Jahren wurden der Personenverkehr und der Güterverkehr stillgelegt.

Quelle: mxr storytelling gmbh

Heute ist das Verkehrsaufkommen auf der vierspurigen Kurt-Schumacher-Straße eine große Belastung für die Anwohner und die Umwelt. Auf den Schienen fahren kaum noch Züge. Der Zweck der Brücke ist damit weggefallen. Vielleicht gibt es im Schalke der Zukunft keine Berliner Brücke mehr. Entlang der Schalker Meile hinter dem nördlichen Ende der Berliner Brücke, wird bereits überlegt, wie Schalke ohne Berliner Brücke und mit einer zweispurigen Kurt-Schumacher-Straße aussehen könnte.

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Kurt-Schumacher-Straßer 100
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