Schalker Straße
Vom Schalker Glanz und von Schalker Schatten
Ganz Schalke steht Kopf, als die Knappen 1934 zum ersten Mal den Pokal des Deutschen Meisters gewinnen. In einem Triumphmarsch tragen sie die Trophäe zum Schalker Markt. Auf ihrer Route schließen sich immer mehr Menschen dem Zug an. Der Großteil der Strecke führt vorbei an den prächtigen Geschäften, Ladenlokalen, Restaurants und Kneipen der Schalker Straße. Als die feiernde Menschenmenge an der Hausnummer 184 vorbeikommt, schließt sich plötzlich ein blau-weiß bemaltes Schwein der Masse an. Es gehört dem Metzger Leo Sauer. Sauer brennt für die Knappen. Wo er kann, unterstützt er Verein und Spieler. Vor ein paar Jahren hat er Ernst Kuzorra den Führerschein spendiert und als Fahrer angestellt. Leo Sauer ist verrückt nach Schalke. Und das, obwohl er vor einem Jahr vom Verein ausgeschlossen wurde: Leo Sauer ist Jude.
Der Feldweg, den Friedrich Grillo zwischen dem Dorf Gelsenkirchen und dem Schalker Markt anlegen ließ, entwickelte sich schnell zu einer Hauptverkehrsader. Seit 1895 fuhr die Straßenbahn durch die Schalker Straße. Gleichzeitig war sie die Einkaufsstraße in Schalke. In prächtigen Ladengeschäften fanden die Bewohner alle möglichen Waren. Auch das Schalker Gymnasium stand hier. In der Straße betrieben auch einige jüdische Inhaber ihre Geschäfte und lebten hier mit ihren Familien. Die meisten von ihnen unterstützten den FC Schalke 04 finanziell. Nachdem die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernahmen, wurden sie enteignet und verfolgt. Auch der FC Schalke 04 schließt jüdische Mitglieder vom Verein aus, wie etwa Leo Sauer. Sauer wird 1945 von den Nazis ermordet. Seine Geschichte zeigt, dass sich der FC Schalke 04 den Zeichen der Zeit nicht entziehen konnte oder wollte. Heute stellt sich der Verein seiner Vergangenheit und erinnert an der Veltins-Arena mit einer Gedenktafel an Leo Sauer.
Im Zweiten Weltkrieg ging ein Großteil der prächtigen Gründerzeitbauten im Bombenhagel unter. Das Schalker Gymnasium wurde völlig zerstört. Nach ihrem Wiederaufbau wurde die Straße wieder die Hauptschlagader des Stadtteils: Straßenbahnen und Autos passierten auf dem Weg zum Schalker Markt und zur Zeche Consolidation 1/6 die Schalker Straße. Erst mit dem Bau der Berliner Brücke verlor die Schalker Straße ihre Bedeutung. Heute ist die einst lebendige und pulsierende Straße von Leerständen geprägt, ähnlich wie die Schalker Meile. Nur noch vereinzelt zeugen die Fassaden vom früheren Wohlstand.